VSME: Aus dem Schatten ins Rampenlicht
- Hannah Graf-Edinger
- 28. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Mai
Nach dem EU-Omnibus-Paket: Der Voluntary Sustainability Reporting Standard for non-listed SMEs (VSME) könnte zu den entscheidenden Nachhaltigkeits-Richtlinien für Unternehmen in Europa werden.
Im Dezember des vergangenen Jahres hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) einen freiwilligen Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für nicht-börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) veröffentlicht. Angesichts der aktuell unübersichtlichen Lage bei der Weiterentwicklung der CSRD und EU-Taxonomie-Regeln könnte dem neuen „Voluntary Sustainability Reporting Standard for non-listed SMEs“ jetzt eine Schlüsselrolle zukommen. Der VSME bietet insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen einen interessanten Ansatz, um den vielfältigen Anforderungen an das betriebliche Nachhaltigkeits-Management gerecht zu werden und dabei unnötige bürokratische Hürden zu vermeiden, meint unsere Autorin Hannah Graf-Edinger aus dem First Climate Consulting-Team.
Die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission zur Reform des verpflichtenden betriebliche Nachhaltigkeits-Reportings im Rahmen des sogenannten EU-Omnibus-Pakets lässt bei betroffenen Unternehmen viele Fragezeichen zurück. Aktuell ist unklar, wie es mit der Anwendung der Regeln rund um die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung in Unternehmen (CSRD), die Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), die EU-Taxonomie-Verordnung und den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) konkret weitergehen wird (Lesen Sie auch unseren Beitrag zum Thema). Angesichts eines potenziell langwierigen Verfahrens ist damit zu rechnen, dass die Phase der Unsicherheit noch länger andauern könnte.
Insgesamt haben die Vorschläge des EU-Omnibus-Pakets auf Seiten der Wirtschaft sowohl Zustimmung als auch Bedenken hervorgerufen. Die Reaktionen reichten von der Begrüßung der Vorschläge als notwendigem Beitrag zum Bürokratieabbau bis hin zur Kritik, dass die Umsetzung der Vorschläge dem Verwerfen aller ambitionierten Nachhaltigkeitsziele gleichkäme. Für viele Unternehmen stellt sich die Frage, wie sie sich angesichts der aktuellen Diskussion positionieren und konkret verhalten sollten.
Der VSME: Richtschnur für die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung
Dass es wichtig ist, auch ohne unmittelbare gesetzliche Verpflichtung weiter in eine nachhaltige Ausrichtung des eigenen Geschäftsmodells zu investieren und sowohl Fortschritte als auch Herausforderungen auf diesem Weg zu dokumentieren, ist bei der Mehrheit der Unternehmen wohl Konsens. Nur wie und auf welcher Grundlage?
Für Unternehmen, die sich in der aktuellen Situation diese Fragen stellen, könnte es sich lohnen, sich jetzt mit VSME zu beschäftigen. Ursprünglich entwickelt und vorgeschlagen von der EFRAG als freiwilliger Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für nicht-börsennotierte KMU sollte der VSME diese dabei unterstützen, ihre Nachhaltigkeits-Performance transparent darzustellen und den wachsenden Anforderungen von Geschäftspartnern, Investoren und anderen Stakeholdern gerecht zu werden. Er bietet einen standardisierten Rahmen, um die Vielzahl unterschiedlicher Anfragen zu Nachhaltigkeitsthemen zu reduzieren und den bürokratischen Aufwand für KMU zu minimieren.
Zwei Module, ein gemeinsames Ziel
Der Standard gliedert sich in zwei Module:
Basis-Modul:
Dieses Modul enthält Richtlinien für die Berichterstattung zur Erfüllung grundlegender Anforderungen und ist für alle nicht-börsennotierten KMU geeignet. Es ermöglicht eine einfache und effiziente Berichterstattung über zentrale Nachhaltigkeitsthemen.
Umfassendes Modul:
Dieses Modul baut auf dem Basis-Modul auf und richtet sich an Unternehmen, die detailliertere Informationen bereitstellen möchten oder spezifische Stakeholder-Anforderungen erfüllen müssen.
Schutzfunktion für Ihr Unternehmen und Ihre Lieferketten: Der „Shield-Mechanism“ des VSME schafft Freiraum für die Nachhaltigkeitsberichterstattung
Entwickelt wurde der VSME im Zusammenhang mit der CSRD, mit dem Ziel, die Nachhaltigkeitsberichterstattung auch für die von der CSRD nicht direkt betroffenen KMU zu harmonisieren und an einheitlichen Standards auszurichten. Der Hintergrund: Nicht kapitalmarktorientierte kleinste, kleine und mittlere Unternehmen, die selbst nicht von der gesetzlichen Pflicht, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, erfasst, sind, sahen und sehen sich in der Praxis dennoch häufig mit entsprechenden Anforderungen von Seiten ihrer Kunden und Geschäftspartner konfrontiert (mehr zum Thema hier): Großunternehmen, die vollumfänglich der ESG-Berichtspflicht unterliegen, fordern von ihren Zulieferern die Erhebung und Bereitstellung relevanter Daten. Auf diese Weise werden Nachhaltigkeitsanforderungen in der Praxis häufig von einer Ebene der Lieferkette auf eine andere verlagert. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem Trickle-Down-Effekt.
Verlässlichkeit und Planbarkeit für die ESG-Berichterstattung
Der vorliegende EU-Omnisbus-Vorschlag sieht dazu vor, dass große Unternehmen in Zukunft regelmäßige keine Nachhaltigkeitsdaten mehr von Geschäftspartnern in ihrer Lieferkette verlangen können, wenn diese über die VSME-Standards hinausgehen.
Unternehmen, die nach dem VSME berichten, wären damit vor weitergehenden Auskunftsansprüchen geschützt.
Dieser VSME-Shield-Mechanismus:
ermöglicht es, Informations-Anforderungen auf eine pragmatische Weise zu erfüllen
erfordert keinen direkten Nachweis der vollen ESRS-Compliance
schafft eine KMU eine Art „Übergangszone“, in der sie sich ohne unmittelbaren Druck auf mögliche zukünftige regulatorische Anforderungen einstellen können.
erleichtert es Unternehmen, ihre Berichterstattung später auf einen anderen Standard ausweiten, falls dies erforderlich wird.
Im Ergebnis kann der VSME für viele KMU eine attraktive Möglichkeit sein, um sich in der aktuellen Phase der planerischen Unsicherheit effizient und zukunftssicher aufzustellen.
Sie möchten mehr erfahren zu den aktuellen Entwicklungen rund um die EU-Nachhaltigkeitsregelungen und die Optionen, die der VSME-Standard Ihrem Unternehmen bietet? Dann sprechen Sie uns an und vereinbaren Sie einen unverbindlichen Beratungstermin. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!

Nachhaltigkeitsberichterstattung nach VSME: Gute Gründe für KMU, transparent zu kommunizieren.
1. Wettbewerbsvorteil und Marktanforderungen
Kunden, Investoren und Geschäftspartner legen zunehmend Wert auf Nachhaltigkeitskriterien. Unternehmen, die über ihr Engagement im Rahmen der Nicht-finanziellen Berichterstattung informieren, können sich als verantwortungsbewusst positionieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern.
Banken und Investoren integrieren ESG-Kriterien zunehmend in ihre Entscheidungsprozesse. Eine freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung nach VSME kann Unternehmen helfen, bessere Finanzierungskonditionen oder Investitionen zu erhalten.
Große Unternehmen, die der CSRD unterliegen, fordern oft von ihren Zulieferern Nachhaltigkeitsinformationen. Frühzeitiges Handeln kann KMU helfen, langfristige Geschäftsbeziehungen zu sichern.
2. Risikomanagement und Zukunftssicherheit
3. Effizienzsteigerung und Kosteneinsparungen
4. Markenimage und Kundenbindung
5. Potenzielle zukünftige Regulierungen

Über die Autorin
Hannah Graf-Edinger ist Consultant für unternehmerische Klimastrategien und spezialisiert auf CO2-Bilanzierung und Nachhaltigkeits-Berichterstattung. Mit ihrem Hintergrund im Umwelt- und Energierecht verfügt sie über umfassende Erfahrung in der Anwendung nationaler und internationaler Gesetze und der strukturierten Analyse komplexer Sachverhalte. Bevor sie im Jahr 2023 bei First Climate einstieg, arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an verschiedenen umwelt- und klimarechtlichen Forschungsprojekten.