Die Klimaschutz-Technologie hinter dem CarbonoVivo-Projekt
- Laura Cubillos
- vor 12 Stunden
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Aktualisiert: vor 1 Stunde
Wie das wegweisende CO2-Senkenprojekt das „RothC“-Modell für zuverlässige Baseline-Berechnungen und Bodenkohlenstoff-Messungen einsetzt
Durch nachhaltige Landwirtschaft verwandelt CarbonoVivo degradierte Böden auf kolumbianischen Farmen in fruchtbare Kohlenstoffsenken – ein Win-Win für Landwirte, Biodiversität und das Klima. Doch welche Technologie steckt hinter CarbonoVivo+ und wie wird die Permanenz der erzielten Kohlenstoffspeicherung durch das Projekt sichergestellt? Erfahren Sie mehr in diesem Blog von Laura und Nataly Cubillos, Mitgründerinnen von Carbono Local+ und dem CarbonoVivo-Projekt.

Weltweit wird nach skalierbaren und wissenschaftlich fundierten Klimaschutzlösungen gesucht. Dabei liegt eines der wirkungsvollsten Instrumente direkt unter unseren Füßen: der Boden. Ebenso wie Wälder und Ozeane spielen Böden eine entscheidende Rolle im natürlichen Kohlenstoffkreislauf der Erde. Böden sind lebendige Ökosysteme, die „atmen“: Sie nehmen CO₂ über Pflanzenwurzeln, Biomasse und Mikroorganismen auf und geben Kohlenstoff auch wieder ab. Bei nachhaltiger Bewirtschaftung können Böden – insbesondere Grasland – zu langfristigen Kohlenstoffspeichern und wertvollen Ökosystemen werden. Diese Idee war vor vielen Jahren der Ausgangspunkt für unser CarbonoVivo-Projekt.
Regenerative Landwirtschaft erhöht durch Praktiken wie nachhaltiges Weidemanagement den Kohlenstoffgehalt im Boden, speichert den Kohlenstoff dauerhaft, steigert die landwirtschaftliche Produktivität und stärkt die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen. Die Messung des sich stetig verändernden Bodenkohlenstoff-Gehalts ist komplex, da Böden je nach Klima, Nutzung, Zustand und Vegetation stark variieren. Für belastbare Ergebnisse braucht es daher robuste, verlässliche und wissenschaftsbasierte Kohlenstoff-Modelle. Als eines der ersten Klimaschutzprojekte weltweit setzt unser CarbonoVivo-Projekt hier auf den innovativen Ansatz des RothC-Modells.
©Carbono Local+/CarbonoVivo
Warum wir das RothC-Modell anwenden
Zur Messung des Kohlenstoffgehalts in den CarbonoVivo-Projektgebieten nutzen wir das RothC-Modell (engl. Rothamsted Carbon Model) – ein international anerkanntes Modell zur Simulation von Veränderungen im organischen Bodenkohlenstoff (engl. Soil Organic Carbon, kurz SOC). RothC basiert auf mathematischen Gleichungen, die den Abbau organischer Substanz und deren Umwandlung in stabile Kohlenstoffpools abbilden. Dabei werden Faktoren wie Temperatur, Feuchtigkeit, Bodenart und Vegetationsdecke berücksichtigt. Das Besondere an RothC sind seine empirische Grundlage und weltweite Anerkennung: Das Modell wurde bereits umfassend wissenschaftlich geprüft und erfüllt höchste Standards in Bezug auf Transparenz und Genauigkeit, was bereits bei unterschiedlichsten Landnutzungsformen bewiesen werden konnte. Ursprünglich für Ackerland entwickelt, wurde das RothC-Modell erfolgreich an die Besonderheiten von Grasland angepasst.
Unser CarbonoVivo-Projekt nutzt RothC, um Kohlenstoffvorräte im Boden sowohl vor als auch nach Projektbeginn zu simulieren. So stellen wir sicher, dass unsere Berechnungen wissenschaftlich fundiert und an die lokalen Bedingungen angepasst sind. Modelle wie RothC sind keinesfalls ein Ersatz für Messungen – sie ergänzen diese vielmehr, besonders dort, wo flächendeckende Messungen nicht umsetzbar sind. Mit RothC können wir ehemalige Kohlenstoffanteile rekonstruieren und künftige Entwicklungen zuverlässig prognostizieren. Damit erfüllen wir auch die Anforderungen führender Kohlenstoffstandards wie Verra (verifizierte Methodologien VMD0053 und VM0042).
Wie wir eine zuverlässige Baseline-Berechnung für glaubwürdige Carbon Removals sicherstellen
Die Berechnung der Baseline – insbesondere des Ausgangszustands der Böden, der vorherigen Nutzung und Biomasseproduktion – ist entscheidend, da sie die Fähigkeit des Bodens, Kohlenstoff zu binden und zu speichern, bestimmt. Um Verzerrungen bei der Prognose von SOC-Veränderungen zu vermeiden, haben wir gemeinsam mit unserem Partner SoilWatch das RothC-Modell an die spezifischen Gegebenheiten des Projekts angepasst.

Das SoilWatch-Team unterstützt uns mit seiner Expertise im Bereich der Kohlenstoffmodellierung und bei der Community-basierten Überwachung, Berichterstattung und Verifizierung (engl. Monitoring, Reporting und Verifizierung, MRV) von Bodenkohlenstoffvorräten. Dazu gehören die Entnahme gründlicher Bodenproben in enger Zusammenarbeit mit lokalen Landwirten und Gemeinschaften, der Kompetenzaufbau, damit die Einheimischen mit mehr Eigenverantwortung in die MRV-Maßnahmen eingebunden werden, sowie die sorgfältige Stratifizierung des Projektgebiets, also die Einteilung der Projektflächen in Zonen mit ähnlichen Bodenmerkmalen, um hochwertige Daten für eine präzise Modellierung des organischen Bodenkohlenstoffs mit dem RothC-Modell bereitzustellen.
Bevor das Projekt startete, werteten wir Fachliteratur aus, um sicherzustellen, dass die modellierten SOC-Werte mit den in empirischen Studien gemessenen Werten übereinstimmen. Dabei identifizierten wir auch zentrale Einflussfaktoren wie Temperatur- und Feuchtigkeitsempfindlichkeit, die das Modellverhalten maßgeblich beeinflussen könnten. Im nächsten Schritt führten wir eine Sensitivitätsanalyse durch, um zu überprüfen, ob die Modellprognosen mit den tatsächlichen Bodenmessungen übereinstimmen.
Zur Rekonstruktion der Ausgangswerte zogen wir folgende Indikatoren heran:
Rückgang der organischen Bodensubstanz,
Verlust von Vegetationsdecke und Biomasse,
Ausdünnung der obersten Bodenschicht,
Mangel an Streu und organischem Material an der Oberfläche.
Diese Indikatoren dienten schließlich zur Klassifizierung der Flächen als „degradiert“ oder „im Prozess der Degradierung“.
SoilWatch kalibrierte und validierte das RothC-Modell so, dass es die lokalen Bedingungen in Kolumbiens vielseitigen Graslandschaften realistisch abbildete. Im Rahmen der Datenerhebung wurden über 300 KI-optimierte Bodenproben analysiert und durch umfassende Umweltdaten ergänzt. Das Ergebnis: Die Baseline-Projektflächen wurden als „degradiert“ eingestuft. Degradierte Böden bieten enormes Klimaschutzpotenzial, denn die Wiederherstellung solcher Böden führt nicht nur zu langfristiger Kohlenstoffbindung, sondern bietet auch weitere Vorteile wie eine verbesserte Wasserspeicher-Kapazität.
Ein Blick auf unsere bisherigen Messungen
Unser CarbonoVivo-Team hat Bodenproben in neun definierten Projektzonen entnommen – insgesamt 52 Weideflächen in Kolumbien, bewirtschaftet von 49 Landbesitzern, die nachhaltige Landwirtschaftspraktiken anwenden. Die Feldarbeit und Analyse dauerten sechs Monate. Die Ergebnisse zeigen: Zwischen 2020 und 2023 wurden durch die regenerativen Projektaktivitäten 64.476 Tonnen Kohlenstoff gebunden – das entspricht 236.412 Tonnen CO₂.
Und das ist erst der Anfang: Über die gesamte Projektlaufzeit wird CarbonoVivo nachweislich über 30 Millionen Tonnen CO₂e dauerhaft binden. Durch mehrstufige Prüfverfahren sowie strenges, satelliten- und KI-gestütztes Echtzeit-Monitoring stellen wir sicher, dass die erzielte Kohlenstoffspeicherung glaubwürdig sind.
Wir freuen uns über die fortlaufende Unterstützung unseres Projektpartners und Experten für Kohlenstoffmärkte, First Climate, der uns nicht nur mit strategischer Beratung zur Seite steht, sondern auch exklusiv für den Verkauf der durch das CarbonoVivo-Projekt generierten Carbon Removal-Zertifikate verantwortlich ist. Für Unternehmen, die hochwertige CO2-Zertifikate erwerben möchten, bedeutet das: Sie können sicher sein, dass sie mit CarbonoVivo in ein CO2-Senkenprojekt investieren, das langfristig Kohlenstoff speichert und von einem kollaborativen Partner-Netzwerk unterstützt wird.
Ein ganzheitlicher Ansatz
Bodenkohlenstoffprojekte wie unseres sind weit mehr als reine Klimaschutzmaßnahmen – sie stehen für die Wiederherstellung von Ökosystemen, den Schutz der Biodiversität und die Stärkung ländlicher Lebensgrundlagen.
Finden Sie heraus, wie das CarbonoVivo Projekt die Landwirtschaft in ganz Kolumbien nachhaltig verändert!
Die Speicherung von Kohlenstoff im Boden zählt zu den wirksamsten und langfristigsten Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel.
Mit RothC als wissenschaftlicher Grundlage und regenerativer Landwirtschaft als praktikables Instrument zur Umsetzung geht CarbonoVivo als Vorreiter im Klimaschutz voran.
Über Carbono Local +
Carbono Local+ mit Sitz in Köln (Deutschland) und Bogotá (Kolumbien) begleitet Projekte von der Machbarkeitsstudie bis zur Dokumentation und Zertifizierung nach den weltweit anerkanntesten Standards des Kohlenstoffmarkts. Das Unternehmen hat bereits erfolgreich Projekte in Großbritannien, den Niederlanden, Mosambik, El Salvador, der Türkei und Kolumbien umgesetzt.
Über die Autorinnen

Laura Cubillos ist Mitgründerin und Leiterin der Entwicklung von Kohlenstoffprojekten bei Carbono Local+. Sie verantwortet die Zusammenarbeit mit Projektpartnern im Rahmen des CarbonoVivo-Projekts. Als Chemieingenieurin mit Spezialisierung auf erneuerbare Energien bringt sie langjährige Erfahrung im freiwilligen Kohlenstoffmarkt mit. Ihr Fokus liegt auf dem Aufbau strategischer Partnerschaften zur Umsetzung von Artikel 6 des Pariser Abkommens sowie auf der technischen Leitung von Kohlenstoffbilanzierungen in AFOLU- und Abfallprojekten.

Nataly Cubillos ist Geschäftsführerin, Mitgründerin und Leiterin für Kohlenstoff-Projekte und -Strategie. Sie verantwortet die Carbon Removal- und Abfallprojekte des Unternehmens sowie die Zertifizierung des CarbonoVivo-Projekts nach dem Verra/VCS-Standard. Als Umweltmanagerin mit Spezialisierung auf Ressourcenmanagement und CO₂-Bilanzierung verfügt sie über umfassende Erfahrung im freiwilligen Kohlenstoffmarkt und in der Klimafinanzierung.